Radtouren A bis Z
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Autor: Dieter Hurcks Copyright 5/2007

Fast 400 km von Mülheim über Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Bochum nach Hamm auf der
Route der Industriekultur

Radeln im Ruhrgebiet  

Vier Radler aus Burgdorf bei Hannover machten sich im Mai 2007 auf die Suche nach den Spuren einer vergangenen Epoche, als im Ruhrpott noch die Schlote qualmten und Tausende ihr Brot tief unter der Erde oder am heißen Hochofen hart erarbeiten mussten. Eine Radreise, die zu ganz neuen Erkenntnissen über eine Region führte und zu dem Wunsch, dort noch einmal auf anderen Wegen auf Entdeckungstour zu gehen. Denn es gibt eine Unmenge zu sehen. 
Als gebürtiger Dortmunder, der die Blütezeit des Reviers bis Mitte der 60er Jahre hautnah miterlebt hat, war ich natürlich besonders gespannt darauf, wie sich meine „alte Heimat“ seitdem verändert hat und welche Spuren von den Zechen, Kokereien und sonstigen Industrieanlagen geblieben sind.
Aber lesen Sie selbst!

Ruhrradweg  
Wir begannen unsere Tour Himmelfahrt am Mülheimer Hauptbahnhof. Entlang der leichtes Hochwasser führenden Ruhr radelten wir runde 85 km bis zu unserem Quartier in Wetter, das direkt am Ortsschild „Witten“ hoch droben auf dem Berg liegt. Der Name „Zur schönen Aussicht“ trifft hier voll zu, zumindest was den Blick aus Zimmer 1 angeht, der weit über das Ruhrtal und die Berge des Sauerlandes schweift.

Das Radeln entlang der Ruhr machte ungeheuren Spaß. Unter der Mintarder Autobahnbrücke hört man die besondere Melodie des Straßenverkehrs, im einladenden Städtchen Kettwig, das zu Essen gehört, besteht die Möglichkeit, sich in einem der Cafés oder Gasthöfe zu stärken. Wasserwerke und Schleusen, stählerne Brücken und die Villa Hügel hoch über dem Baldeneysee sowie übrig gebliebene Bauten der Zechen Carl Funke und Heinrich, die Museumseisenbahnen Hespertalbahn und Bochum-Dahlhausen sorgen für viel Abwechslung. Ein kleiner Abstecher nach Hattingen, bergauf und hinein in die Altstadt, der schöne Blick auf den Kemnader See und schließlich der kräftezehrende Aufstieg zur Pension in der Trienendorfer Straße beenden den ersten Radeltag.  
Bericht Ruhrtal-Radweg 2012: Von der Quelle zum Rhein

Industriekultur pur  
Der zweite Tag sollte uns nach Dortmund führen, wo wir im zentral gelegenen Jugendgästehaus übernachteten. Zunächst radelten wir nach flotter Abfahrt ins Ruhrtal flussabwärts bis zur Zeche Nachtigall. Nicht weit davon setzten wir mit einer kleinen Fähre („Spende erbeten“) über die Ruhr und radelten noch einmal am Kemnader See entlang, vorbei an der ehemaligen Zeche Gibraltar und hinter Stiepel bergauf zum Malakowturm des Brockhauser Tiefbaus.

Bei Wikipedia findet sich diese Erläuterung, wobei die unterschiedliche Schreibweise des „Malakoffturms“ auffällt: „Die Zeche Brockhauser Tiefbau ist ein ehemaliges Steinkohlebergwerk in Bochum-Stiepel. Sie entstand durch die Konsolidation von fünf Stollenzechen im Jahre 1873. Über dem Schacht entstand 1874/75 an der Straße Am Bliestollen ein Malakoffturm. Das Mauerwerk besteht als einziger Malakoffturm in Bochum aus Bruchstein, die Mauerecken und die Fensterrundbögen aus Quadern von Ruhrsandstein.“

Hinter dem Turm biegen wir rechts in den Wald hinein und radeln bergauf gen Weitmar. Von dort erreichen wir über einige interessante Brückenbauwerke bald die Jahrhunderthalle, einen prächtigen Industriebau, der heute als Veranstaltungszentrum genutzt wird. „Die eindrucksvolle Halle von 8900 m² wurde als Ausstellungshalle des "Bochumer Vereins" für die Düsseldorfer Gewerbeausstellung 1902 gebaut und anschließend als Gebläsehalle für die Hochöfen im Bochumer Gussstahlwerk genutzt. Die luftige Stahlkonstruktion gilt als eines der ersten Beispiele für einen rein zweckbestimmten Ingenieurbau.“

Auf der Seite www.route-industriekultur.de  findet man Erläuterungen zu allen wichtigen Sehenswürdigkeiten der Route der Industriekultur. Oder bei Wikipedia.

Die Erzbahntrasse 
Gemütlich radeln lässt es sich auf der Erzbahntrasse und der Trasse der Kray-Wanner-Bahn, die uns bis zur Zeche Zollverein 3/7/10 führt - dabei passieren wir viele alte und neue Brückenbauwerke, darunter die berühmte Erzbahnschwinge. Vom Förderturm aus hat man einen weiten Blick über das ganze Ruhrgebiet. Den Schlüssel gibt es im Café Zollverein. Eintritt: 1,50 Euro.

Ein paar Kilometer weiter erreicht man Zollverein XII, die letzte Schachtanlage des Bergwerks. Sie wurde gebaut, weil die vier anderen Schachtanlagen seit der Jahrhundertwende nicht wesentlich modernisiert worden waren und schmückt die Titelseite von Band 1 des ausgezeichnet gemachten Routenführers (siehe unten).

Rings um die Zeche Zollverein und ihr schwarzes Gold drehte sich einst das ganze Leben im Essener Norden. Zeitweise gab es hier die höchste Konzentration des Bergbaus im Ruhrgebiet. 1847 nahm das Bergwerk seinen Betrieb auf. 1932 war die Zeche die modernste der Welt. Mehr als 5.000 Bergleute arbeiteten zu den besten Zeiten der Kohle auf der Anlage.

Buchtipp: Welterbe Zeche Zollverein

Auf dem Rückweg ostwärts biegen wir wieder auf die Erzbahntrasse und gelangen zur Zeche Hannover, die als letzte Bochumer Zeche 1973 stillgelegt worden ist und heute Standort des Westfälischen Industriemuseums ist. Sie war eine Paradezeche des Krupp-Konzerns, weshalb hier neueste Techniken zuerst eingeführt wurden.

Emscherpark-Radweg  
Von „Hannover“ aus folgen wir nun dem „Emscher Park Radweg“ (wer hat die Bindestriche geklaut?). Er führt zwischen Herne und Bochum ostwärts quer durch die Siedlung Dahlhauser Heide. Diese Siedlung, im Volksmund auch "Kappeskolonie" genannt, wurde von der Firma Krupp zwischen 1907 und 1915 auf dem Gelände des ehemaligen Rittergutes Dahlhausen östlich der Zeche Hannover errichtet. Ihren Spitznamen erhielt sie, weil die Bergleute in den Gärten der Siedlung bevorzugt Kohl ("Kappes") anbauten.

Klar, dass wir ein paar Kilometer ostwärts auch dem Wegweiser zu einer der Hauptattraktionen der Route folgen: dem Deutschen Bergbaumuseum an der Herner Straße, das nur knapp 2 km entfernt  ist. Das Fördergerüst, ursprünglich Teil der Zeche Germania in Dortmund, bietet bei gutem Wetter einen weiten Blick über Bochum und das Ruhrgebiet.

Das Deutsche Bergbau-Museum Bochum (DBM) ist mit seinen rund 400.000 Besuchern pro Jahr eines der meist besuchten Museen der Bundesrepublik. Es ist das bedeutendste Bergbaumuseum der Welt und zugleich ein renommiertes Forschungsinstitut für Montangeschichte.

Übertägige Ausstellungen und ein originalgetreues Anschauungsbergwerk im Untergrund des Museumsgeländes eröffnen den Besuchern Einblicke in die Welt des Bergbaus. Zusätzlich bietet das Fördergerüst einen phantastischen Blick über Bochum und das Ruhrgebiet.
Forschungsschwerpunkte der Wissenschaftler sind „Geschichte und Technik des Montanwesens“ sowie „Dokumentation, Schutz und Erhaltung von Kulturgut vor allem des Montanwesens“. Die Forschung erstreckt sich dementsprechend nicht nur auf den Bergbau, sondern auch auf das Hüttenwesen. Quelle: www.bergbaumuseum.de 

Am Abend erreichen wir Dortmund und übernachten im Kolpinghaus, zugleich Jugendgästehaus des Deutschen Jugendherbergswerks.

Besuch am Borsigplatz  
Die letzte Etappe führt uns zunächst zum Borsigplatz. Bekannt wurde der Borsigplatz durch seine Nachbarschaft zum Haupteingang der ehemaligen Westfalenhütte der Hoesch AG, vor allem aber durch den Fußballverein Borussia Dortmund. Dieser wurde in unmittelbarer Nähe des Borsigplatzes gegründet und war bis in die 60er Jahre tief im Borsigplatzviertel verwurzelt. Ein Erlebnis ist es, nach großen Fußball-Erfolgen der Borussia am Borsigplatz zu sein: Autokorsos kreisen stundenlang um den Platz, ein spontanes Volksfest entsteht. So war es auch schon bei den großen Erfolgen der Borussia Mitte der 50er Jahre und 1966, als der Europapokalsieg durch das legendäre Tor von Stan Libuda aus 30 Metern gegen den FC Liverpool errungen wurde.
Der Niedergang der Montanindustrie im Ruhrgebiet hat auch das Stadtviertel um den Borsigplatz in Mitleidenschaft gezogen. Die Arbeitslosigkeit in der Dortmunder Nordstadt ist besonders hoch, da hier traditionellerweise die Arbeiter der örtlichen Schwerindustrie lebten. So bis 1963 auch der Autor dieser Website.

Ostwärts bis Hamm  
Im Hoeschpark, der „grünen Lunge am Borsigplatz“, wo sich früher die Brauerei-, Berg- und Stahlarbeiter von ihrem anstrengenden Beruf erholen sollten, war bis 2005 noch die alte Radrennbahn erhalten. In den Ritzen im Beton der Steilkurven hatten sich Birken breit gemacht und waren in den Jahrzehnten seit der Außerbetriebnahme der Bahn zu stattlicher Größe empor gewachsen. Nun befindet sich dort - wie ein Fremdkörper hineingepflanzt - eine Baseballanlage. Die besonderen Qualitäten dieser einmaligen Erholungseinrichtung mit Sportplätzen von Tennis bis Fußball, Warmwasserfreibad und Versteck im Hoeschpark erfreuen sich immer noch großer Beliebtheit. Der Hoeschpark ist Heimat von unzähligen Sportvereinen, die mit dem wöchentlichen Training und zahlreichen Veranstaltungen für einen lebendigen Park sorgen.

Bis Anfang der 70er Jahre diente die Radrennbahn als Trainings- und Wettkampfstätte der großen und kleinen Radsportler der Region. Heute wird der Besucher gleich am Eingang des Hoeschparks darauf hingewiesen: Radfahrer sind hier unerwünscht.  Hoeschpark bei Wikipedia

Dortmunds letzte Zeche  
Nun besteht die Möglichkeit, noch der ehemaligen Zeche Minister Stein in Dortmund-Eving einen Besuch abzustatten. Auch die Kolonie Eving ist sehenswert.

1875 begann auf "Minister Stein" die Förderung. Bis 1945 entwickelte sich die Zeche zur größten im Ruhrrevier. Am 31. März 1987 wurde die letzte Schicht gefahren - dann kam der "Deckel auf den Pütt". Inzwischen ist nicht mehr viel übrig von der einstmals größten Zeche des Ruhrgebietes. 2003 wurde auch der Gasometer gesprengt. Nur der Hammerkopfturm erinnert an vergangene Zeiten und bildet jetzt die Mitte des neuen Evings.

Durch Scharnhorst rollen wir nun ostwärts und entlang des Datteln-Hamm-Kanals bis Hamm. Unterwegs passieren wir die berühmte Sportschule Kaiserau. Diese heißt jetzt übrigens „deutsch-modernistisch“ „SportCentrum Kamen-Kaiserau“. Und aus der  guten alten Sportschule wurde eine SportSchule. Das nennt man Fortschritt!

Ab Hamm folgen wir der Lippe und orientieren uns anhand des Radwanderführers "Römerroute". Bei Lippborg erinnert ein Denkmal an die Schlacht von Vellinghausen. Über Lippstadt geht es nach Bad Lippspringe und über den Teutoburger Wald weiter nach Horn-Bad Meinberg. Unser Ziel ist Springe, der erste Bahnhof in der Region Hannover. Dort endet die erlebnisreiche Radtour von 395 km Gesamtlänge, für die man sich ruhig eine Woche Zeit nehmen sollte. Denn es gibt eine Menge zu sehen im Revier - genau wie in Ostwestfalen.

Linktipps  
Bericht Ruhrtal-Radweg 2012: Von der Quelle zum Rhein
Wikipedia

Literatur  
Route der Industriekultur Band 1 und 2  (15,20 €)
Themenroute Erzbahn-Emscherbruch (3,50 €)

Weitere Büchlein sind zu beziehen über die Seite www.route-industriekultur.de 
Viele Info-Blätter und -Karten zum Ausdrucken
unter DOWNLOADS.

Etappen/Entfernungen  
Bahnanreise per Niedersachsenticket und NRW-Schöner-Tag-Ticket nach Mülheim/Ruhr

Mülheim bis Wetter/Ruhr 85 km  
Wetter/Ruhr-Bochum-Essen-Dortmund 88 km  
Dortmund-Hamm-Lippstadt-Delbrück (Kreis Paderborn) 108 km  Delbrück-Bad Lippspringe-Horn-Bad Meinberg -Lügde-Hameln-Springe 116 km  
Per S-Bahn zum Regionalbahntarif zurück nach Hannover  

Auch hilfreich ist der Spiralo "Ruhrtal-Radweg":



Weitere Bücher und Karten hier

Kurzfilm über Zeche Zollverein

Bergarbeiter und Steigerlied 

Video: Dortmund 1983 - Borsigstraße, Kamener Straße, Stahlwerkstraße, Hosch-Schule, Zeche Minister Stein, Dortmund-Eving

Video: Faszination Ruhrgebiet

Toller Song übers RUHRGEBIET bei YouTube



Auch diese Radtour führte uns
entlang der Ruhr durchs Revier.
Die DVD dazu gibt es hier.

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Ruhr randvoll: Radeln auf dem Wasser.

Fährüberfahrt bei der Zeche Nachtigall.

Malakowturm Brockhauser Tiefbau.

Bei der Jahrhunderthalle in Bochum beginnt der Erzbahn-Radweg.

Brücke 4  der Erzbahntrasse.

Zeche Zollverein 3/7/10 in Essen.

Deutsches Bergbaumuseum in Bochum mit Förderturm
der Dortmunder Zeche Germania.


Zeche Hohenzollern.

Dortmunds fliegendes Nashorn: Dieses steht vorm Jugendgästehaus in der Silberstraße (City).



Der Gasoemeter (rechts) der Zeche Minister Stein in
Dortmund-Eving wurde 2003 gesprengt.

Das Landstroper Ei - ein Wasserturm.

Am Datteln-Hamm-Kanal - im Hintergrund das Kraftwerk Hamm-Uentrop.

Die Hämelschenburg bei Hameln, wo unsere Tour fast zuende ist.

 

Info und bestellen hier

TRAILER: