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Autor: Dieter Hurcks Copyright 2011 |
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Leuchtturm-TourVon Hamburg-Blankenese nach Husum und Sylt
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Nun geht es flott mit Wind schräg von hinten bis Glückstadt weiter. 62 Kilometer sind geschafft. Dort mache ich auf dem sehenswerten Marktplatz eine Pause, nicht ohne zuvor das Schild der “Namenlosen Straße” fotografiert zu haben. Details zu den Orten finden sich übrigens in dem bikeline-Radtourenbuch “Nordseeküsten-Radweg Teil 3: Schleswig-Holstein - von Hamburg nach Sylt”, den ich auf meinen Touren durchweg verwende und gerne weiter empfehle, obwohl die dort genannten Quartiere nicht immer radfahrerfreundlich sind. Links: Leuchtturm in Glückstadt. |
Als ich gegen 14 Uhr gerade wieder auf dem Deichweg unterwegs bin, verdunkelt sich der Himmel und meine innere Stimme sagt: “Schnell zurück und unterstellen!” Wieder hat diese Stimme recht. Kaum bin ich zurück auf dem Marktplatz und in einer Tordurchfahrt in Sicherheit, prasselt der Regen wie aus Eimern auf das Straßenpflaster. Es wird nicht der letzte Schauer auf dieser Reise sein.
Weiter geht es gen Norden. Ich passiere die
Störmündung,
fahre an der Fahrradscheune vorbei (u.a. ist dort ein Fahrradmuseum) und
sehe bald die Kuppel des Kernkraftwerks Brokdorf in der Ferne auftauchen.
In Hollerwettern erwischt mich der nächste Schauer, den ich wie schon so
oft in einem Buswartehäuschen trocken überstehe. Vorbei an einem
Leuchtturm mit Wohnhaus (oder umgekehrt) und dem KKW nehme ich die letzten
Kilometer nach Brunsbüttel mit allem, was die Beine noch hergeben, unter
die Räder. Denn am Himmel braut sich was zusammen. Mit der Fähre setze
ich ans andere Ufer über, durchfahre einige Seitenstraßen auf der Suche
nach einem Quartier und werde schließlich fündig. Auf dem
Deiche ist ein Zimmer frei. Von der Terrasse hat man
einen Blick auf die Elbe und kann die teilweise riesigen Pötte
beobachten, wenn sie in die meistbefahrene Wasserstraße der Welt, den
Nordostseekanal, einlaufen oder die große Schleuse gen Nordsee verlassen.
Der Hausherr, selbst aktiver Skipper, gibt mir einen kostenlosen Crashkurs
in christlicher Seefahrt.
Schleuse des Nordostsee-Kanals
2. Tag: Von Brunsbüttel nach Bad St. Peter-Ording (104 km)
Ab Brunsbüttel gibt es die Möglichkeit, vom Hauptweg über Meldorf abzuweichen, was ich als Anhänger alternativer Energien tue, um einmal den Windpark Kaiser-Wilhelm-Koog zu besuchen. Dort stand einstmals der Growian, das erste Riesenwindrad der Republik, das trotz oder gerade wegen seiner technischen Mängel Deutschland dazu verhalf, Weltmarktführer in Sachen Windenergie zu werden. Ausgezeichnete Wege und Wind von schräg hinten sorgen für ein flottes Vorwärtskommen.
Ein Abstecher zur Seehundestation in Rugenort, dann geht es nordostwärts Richtung Speicherkoog Dithmarschen, der zu einem Militärgelände gehört und entlang des Deiches bei Übungen nicht durchfahren werden darf. Dann ziehen die Soldaten einen rotweißen Ball ganz hinauf bis zur Mastspitze und die Radfahrer sind zur Umgehung landeinwärts gezwungen. Ich habe Glück und bin bald wieder allein mit Schafen, Schafen, Schafen und weiche dem aus, was sie massenhaft auf den Deichwegen zu hinterlassen pflegen. Von weitem scheinen diese Wege schwarz und gänzlich unpassierbar zu sein, aber mit Vorsicht geling`s. Herrlich ist die Fahrt durch das Naturschutzgebiet beiderseits der Miele-Mündung. Die letzten fünf Kilometer weht der Wind fast von vorn bis Büsum. Ein bunter Hafen, die quirlige Fußgängerzone und der Sonnenschein laden zum Verweilen. Natürlich gibt es einen Bäcker gleich am Hafen (wenn auch ein wenig versteckt).
Hinter Büsum wähle ich den Weg über Westerdeichstrich, Hellschen und Hillgroven Richtung Eidersperrwerk. Eine schöne Strecke durch saftige Wiesen und blühende Rapsfelder. Am Sperrwerk beginnt es zu regnen und ich statte der dortigen Gaststätte an der Abzweigung nach Tönning einen Besuch ab. Nach einer Stunde hört es auf zu regnen und die Fahrt kann weiter gehen. Kurz hinter dem Naturbeobachtungsturm wendet sich der Radweg nach Westen und führt geradewegs nach St. Peter-Ording. Längere Pause in einer Eisdiele, da es wieder kräftig regnet. Ich beschließe, mir ein Zimmer zu suchen.
“Zimmer frei” steht in vielen Fenstern. Wie ich erfahre, heißt das: Zimmer mindestens für mehrere Tage, keinesfalls nur für eine Nacht. Den Gipfel bildet die Antwort einer Vermieterin, die mich trotz pechschwarzen Himmels und leerer Zimmer mit der Bemerkung wegschickt: “Das tue ich mir nicht an!” Im Verkehrsamt rät mir die Dame nach längerem Warten wegen eines zehnminütigen Telefonats: “Fahren Sie doch einfach mal ein bisschen herum.” Ich bin echt stinkig auf dieses Nest und fahre Richtung Bahnhof, will den Zug nach Husum nehmen, lese aber auf dem Weg dorthin in der Pension Fortuna: “Zimmer frei”. Für 65 Mark habe ich dann doch noch ein Dach über dem Kopf (es regnet wieder mal), während mein Fahrrad draußen neben einem Hundezwinger mit zwei angsteinflößend bellenden, zähnefletschenden Tieren Sturm und Regen ausgesetzt ist.
Unterkunft: In der Saison ohne Anmeldung keine Chance; Privatzimmer nehmen Radfahrer für eine Nacht nicht oder nur ungern auf; Ort ist auf Familien eingerichtet.
Nach einer stürmischen Nacht und einem kräftigen Frühstück geht es bei 8 Grad weiter nach Husum, zunächst nach Nordosten. Der Wind hat in der Nacht auf Nordwesten gedreht und aufgefrischt. Trotz meiner Skepsis geht es zunächst passabel voran. Ich will unbedingt zu Deutschlands wohl schönstem Leuchtturm: Westerhever.
Der Leuchtturm Westerhever.
Dafür fahre ich bzw. schiebe rund drei Kilometer gegen den
Wind, der mit Stärke 4 bis 7 das Fortkommen erschwert. Anschließend führt
der Weg immer hinterm Deich nochmals nach Osten und Nordosten. Bei Uelvesbüll
mit seiner markanten Kirche schwenke ich landeinwärts und erreiche gegen
Mittag nach 55 km Wegstrecke Husum. Eine kurze Rundfahrt durchs
Stadtzentrum, und um 13.09 Uhr geht es per Eisenbahn weiter nach Sylt. Hätte
der Wind nicht genau von vorne geweht, wäre ich sicherlich weiter
gefahren.
So erreiche ich am Freitagnachmittag die Insel Sylt, was die Quartiersuche wohl erheblich vereinfacht und mir ein Zimmer in Westerland gleich hinter der Düne beschert - zu einem für Sylter Verhältnisse moderaten Preis. Ansonsten sei es schwer, sagt der nette Mensch bei der Zimmervermittlung im Bahnhof, ein Zimmer für eine Nacht zu bekommen, vor allem an Wochenenden. Also buche ich gleich zwei Nächte.
Die Insel
ist nicht nur etwas für Urlauber mit dem großen Geldbeutel, wie uns
Magazine und Fernsehen glauben machen. Außer guten und besseren Hotels,
opulenten Zweit-Wohnsitzen gibt es auch Privat-Pensionen, die zu halbwegs
erschwinglichen Preisen mehr oder weniger komfortable Zimmer vermieten.
Sie werden allerdings weniger.
Die Einsamkeit des Langstreckenradlers in der Vorsaison.
Wer Wind nicht mag, sollte Sylt meiden, denn hier weht er fast immer, und meistens von vorn. Nach einem Frühstück mit Ei und Marmelade, aber ohne Wurst, und kräftigem Kaffee radle ich von Westerland bis Hörnum (Rückenwind) und genieße vor allem den ruhigen Weg durch die Dünenlandschaft. Trotz Nebensaison sind eine Menge Radler unterwegs, darunter ganze Schulklassen aus den Schullandheimen.
In Hörnum wird erstmal ein bisschen Proviant im Spar-Markt eingekauft. Dann steht der erste Leuchtturm des Tages auf dem Programm. Er steht gleich neben dem Hörnumer Hafen. Von Hörnum fahre ich per Bus nach List ganz im Norden der Insel (kostet mit Rad 16 Mark). Bis zur nördlichen Spitze der Insel am Ellenbogen radle ich, um dort die beiden Leuchttürme zu fotografieren. Zurück kämpfe ich gegen den heftigen Wind - dazu führt die Straße auch noch bergauf. Einige Kinder und Frauen kämpfen hier mit den Tränen ... Endlich schwenkt der Weg aus dem Wind.
Der Autor
Südwärts führt die Fahrt auf extrem holpriger Betonplattenpiste durch das Naturschutzgebiet. Die riesigen Dünen gehören zu den einzigartigen Schönheiten dieser mit endlosen Stränden von feinstem Sand gesegneten Insel. Die Trasse der ehemaligen Inselbahn führt nach Kampen, wo ich nach einigem Suchen auch den vierten Leuchtturm finde und ablichte. In Wenningstedt johlen die Bayern-Fans über die soeben gewonnene Meisterschaft. Wieder im Quartier angekommen, zeigt mein Tacho 63 Tageskilometer an. Eine wunderschöne Tour ist zuende. Und ich merke, wie anstrengend das Nordseeklima sein kann. Gesund ist es auf jeden Fall.
Am Sonntag fahre ich kurz nach 9 Uhr mit dem Zug zurück gen Pinneberg. Die Verbindungen ab Westerland lassen kaum Wünsche offen. Fazit: Eine lohnenswerte Reise! Ich hoffe, Sie sind auf den Geschmack gekommen.
Zum Weiterlesen: Nordostseekanal
Schönes Geschenk für alle Radler
Die
schönsten Radtouren Deutschlands
auf DVD als musikuntermalte Diaschauen
Gute Beschilderung - aber leider
nicht auf dem ganzen Weg.
Leuchtturm bei Blankenese.
Seltsamer Straßenname in Glückstadt.
Der Marktplatz von Glückstadt - auf ihn laufen sieben Straßen zu.
Das Decken von Reetdächern - ein seltenes Handwerk.
Ständige Begleiter am Deich: Schafe und Leuchttürme.
Kernkraftwerk Brokdorf mit Rapsfeld.
Leuchttum mit Haus in Brokorf.
Windpark im Kaiser-Wilhelm-Koog.
Schönes Städtchen: Hafen mit Leuchtturm in Büsum.
Nichts für Fahrradfahrer, die nur eine Nacht bleiben wollen: St. Peter-Ording - hier der herrliche Strand.
Rapsfeld auf dem Weg nach Husum.
Hafen der Stadt Husum.
Auf dem Weg nach Sylt - wegen des starken Gegenwindes per Bahn.
Insel-Idyll: Leuchtturm List Ost.
Leuchtturm List West in zwei Einstellungen.
Postkartenmotiv: Leuchtturm Kampen.
Tourverlauf (Quelle: Verlag Esterbauer GmbH, www.esterbauer.com)
Diese Karte kann der Autor allen Tourenradlern nur wärmstens empfehlen, da er bereits auf den Routen Elbe, Rhein, Weser und Neckar damit gute Erfahrungen gemacht hat.
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