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Autor: Dieter Hurcks Copyright 5/2005

Eine Radtour über 435 km von Burgdorf bei Hannover durch die Altmark mit ihren schönen Städten bis nach Berlin.

Von Hannover nach Berlin  

„Wieso gibt es eigentlich keine Radroute von Hannover nach Berlin?“, fragte mich Anfang 2005 ein Mitglied unserer Radelgruppe. Damit war die Idee geboren, eine solche zu erkunden und zu dokumentieren. Himmelfahrt ging es los. Wer am Hauptbahnhof in Hannover startet, radelt zunächst durch den Stadtwald Eilenriede wir gen Kleefeld, dann weiter nach Anderten, überquerten dort den Mittellandkanal und folgt der Bahnstrecke bis Lehrte, von wo aus der Weg in die 30.000 Einwohner zählende Spargelstadt Burgdorf, die etwa 25 km östlich Hannovers in einer für Radfahrer idealen flachen Landschaft liegt, ausgeschildert ist.

Burgdorf-Hankensbüttel

Von Burgdorf aus folgen wir zunächst dem ausgewiesenen, aber (noch) nicht beschilderten Spargelradweg entlang der Niedersächsischen Spargelstraße, der uns durch stille Dörfer und kleine Städte wie Gifhorn und Wittingen nach Hankensbüttel ins Wendland führte. Diese Route finden Sie auch auf geolife.de. Einfach Spargelradweg ins Suchfeld eingeben.

Wir - vier radfahrerprobten Herren zwischen 40 und 60 - fuhren diese Routen allerdings anders herum als beschrieben, was wegen des frischen Westwindes von großem Vorteil war und bei der Benutzung eines GPS-Empfängers zu beachten ist. Der Weg führt meist entlang oder auf ruhigen Straßen, aber auch durch Feld und Wald, nur selten über sandige oder steinige Wege, wie sie oft von nicht radfahrenden Verantwortlichen von Gemeinden oder Realverbänden angerichtet werden. In Hankensbüttel fanden wir in der dortigen Jugendherberge zwei ruhige Doppelzimmer.

Hankensbüttel-Gardelegen  

Von der Stadt mit dem bekannten Otterzentrum radeln wir, nachdem pünktlich um 9 Uhr der heftige Regen ausgesetzt hat, ostwärts über Kloster Isenhagen (sehenswert) und Alt-Isenhagen in die ehemalige Schusterstadt Wittingen. Der Braumeister auf dem Marktplatz kündet von der langen Brautradition. Zwischen Rade und Waddekath, wo wir einst von einem Podest aus in die DDR blicken konnten, überschreiten wir die ehemalige Zonengrenze und radeln von nun an durch die landschaftlich reizvolle Altmark. Im heimeligen Diesdorf haben die kurz nach der Wende schnell gebauten Bürgersteige bereits Absendungen und Untiefen, in denen sich der Regen der vergangenen Nacht gesammelt hat. Das Freilichtmuseum an der Molmker Straße, in dem wir damals, 1990, erstmals den 3. Oktober als Nationalfeiertag feierten, lohnt auf jeden Fall einen Besuch. Schöne alte Bauernhäuser und Mühlen künden von der landwirtschaftlichen Tradition der Region. 


Weitere Informationen unter www.altmarktourismus.de

Öffnungszeiten: 1.April bis 31. Oktober - Dienstag bis Freitag 9.00 bis 17.00 Uhr, Samstag und Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr
1.November bis 31.März nur für Gruppen nach Voranmeldung. Der Museumsdorfkrug auf dem Gelände bietet regionaltypische Speisen und Getränke.


Über Molmke und Bornsen erreichen wir Jübar (680 Einwohner), das  zu einem der schönsten Orte im Altmarkkreis zählt. Das Wahrzeichen ist eine 1000 jährige Linde in der Dorfmitte. Gepflegte Häuser und ein alter Baumbestand geben dem Ort sein unverwechselbares Gesicht. Eine Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert, deren Turm 1899 in der jetzigen Form errichtet wurde, gehört dazu. In zwei gemütlichen Gaststätten wird die typisch altmärkische Küche geboten.
Auszeichnungen: 1996 schönstes Dorf im Altmarkkreis; 1997 Sieger im Regierungsbezirk beim Wettbewerb ,,Unser Dorf soll schöner werden"  und 2. Platz in Sachsen/Anhalt, 1999 schönstes Dorf im Altmarkkreis. Quelle: www.altmarkweb.de

Nun wird die Landschaft waldig. Hinter Neuenstall folgen wir dem Radrundkurs Altmark über Klein und Groß Wismar durch den Beetzendorfschen Forst ins rundum von Wald umgebene Mellin (240 Einwohner). Mitten im Ort ragt der Turm einer Feldstein-Ziegelkirche aus dem 15. Jahrhundert auf. Mellin und seine Umgebung sind eingebunden in das grenzübergreifende Rad-Wander-Gebiet von den Ohre-Auen bis zur Melliner Schweiz - ein ausgeschilderter 150 km langer Rad- und Wanderweg. Auch der 500 km lange Altmark-Rad-Rundkurs führt durch den Ort. Ein Grenzlandlauf, alljährlich am 3. Oktober, und eine Grenzland-Radtour am Wochenende danach erinnern an die Zeit der Grenzgemeinde.  

Weiter führt uns die Tour über wegen der nächtlichen Regenschauer aufgeweichten und entsprechend schwer befahrbaren Wege nach Neulingsmühle. Im Buswartehäuschen in Immekath überstehen wir trocken einen heftigen Regenguss und erreichen bald Klötze (www.stadt-kloetze.de), den staatlich anerkannten Erholungsort in der Altmark. Wieder geht es durch Wald: den Zichtauer Forst. Man muss bisweilen schon kräftig in die Pedale treten, aber immer nur über kurze Strecken. Am Ende erwartet uns das Dorf Zichtau. Eine schmucke Feldsteinkirche in Wiepke, das zum Altmarkkreis Salzwedel gehört und an der Straße der Romanik liegt, tröstet uns darüber hinweg, das die kleine Gaststätte in der Nebenstraße noch geschlossen hat. So rasten wir in Berge, ehe wir in Gardelegen einrollen.

Dorfkirche Wiepke (12.Jahrhundert): Im Abschluss ein Satteldach und Dachreiter, so ist der Westquerturm im Glockengeschoss leicht zurückgesetzt, der romanisch flach gedeckte Bau hat einen eingezogenen quadratischen Chor und ein relativ kurzes Schiff. Im Inneren finden sich die nach der Restaurierung im Jahre 1602 bemalte Kassettendecke, eine frühgotische Taufe mit Kugelschmuck am Schaft in Pokalform und ein Pfarrstuhl aus dem Jahre 1693. Quelle: www.romanikstrasse.de

Gardelegen  
Diese Stadt ist allemal einen Besuch wert. Auch wenn wir dort unsere zweite kurze Regenpause einlegen mussten, als wir gerade - schön geschützt - unter den Arkaden des Rathauses standen, sind uns doch einige markante Bauwerke in Erinnerung geblieben. Bei Gardelegen fällt mir immer eine Begebenheit ein, die ich nie vergessen werden: Kurz nach der Wende besuchte meine Familie mit zwei kleinen Kindern die Stadt. Aus einem Gasthof erklang Musik. Ich ging, an jeder Hand ein Kind, hinein. Die Kinder müssen so erbärmlich geschaut haben, dass ein großzügiger Mann aus dem goldenen Westen auf mich zu kam, mir einen 20-Mark-Schein in die Hand drückte und sagte: „Kaufen Sie den beiden mal was Schönes!“ Ich war so baff, dass ich das dann auch später tat und den schein der Gardelegener Bevölkerung für Kaffe und Kuchen, Bratwurst und Bier zukommen ließ. Es war damals schon eine schöne Zeit, als noch Solidarität zwischen Ost und west herrschte.

Heute merkt man nur noch wenig davon, spürt stattdessen eine resignative Stimmung. Die Preise für Übernachtungen sind durchweg erheblich niedriger als im Westen, auch in Gaststätten kann man preiswert essen und trinken.


Gardelegen und seine Stadtbefestigung
Das Salzwedeler Tor ist das einzige gut erhaltene der drei  ehemaligen Stadttore. Es wurde im 16. Jahrhundert erbaut und war bedeutender Teil der Stadtbefestigungsanlage. Die beiden mächtigen Batterietürme, die dem Tor vorangestellt sind, haben einen Durchmesser von 9 und 18 Metern. 1907 wurde das Tor durch Prof. Dr. Otto Stiehl rekonstruiert. So ist u. a. der Staffelgiebel über der Toreinfahrt nach alten Vorbildern sorgfältig nachgestellt worden. Ab 1991 wurde eine Generalinstandsetzung durchgeführt.
Vom Magdeburger und Stendaler Tor und der Stadtmauer sind nur noch Reste erhalten geblieben, die man während eines Bummels auf den Wallanlagen  besichtigen kann. Erhalten ist auch ein Teil des  Stadtgrabens, der ebenso wie Stadtmauer und Wallanlagen in früheren Zeiten vor Feinden schützen sollte.

Der Roland von Gardelegen
Gerechtigkeit, Bürgerstolz und Leistungskraft von Handwerkern und Kaufleuten - für all dies steht der Roland als Symbol. Der Gardeleger Roland wurde erstmals 1450 erwähnt. Durch Rathausbrände wurde er mehrfach beschädigt, wieder aufgebaut und ist am 7. November 1727 endgültig zusammengebrochen. Am 18. April 2002 - nach genau 275 Jahren - wurde er wieder aufgestellt. Eine beispielhafte Spendenaktion, initiiert vom gemeinnützigen Förderverein des Handwerks des Altmarkkreises Salzwedel e.V., hat das möglich gemacht.

Reutter-Denkmal
In der Ernst-Thälmann-Straße. Denkmal zu Ehren des berühmten Couplet-Sängers Otto Reutter, der 1870 in Gardelegen geboren wurde. Denkmal von Heinrich Apel. Aufgestellt im Oktober 2002. Quelle: www.gardelegen.info


Zurück unter die Arkaden des Gardelegener Rathauses. Der Regen hat aufgehört, und wir haben die Zeit genutzt, uns im Verkehrsamt von einer sehr netten Dame ein Zimmer vermitteln zu lassen - sogar, anders als etwa in Pirna an der Elbe, ganz ohne Vermittlungsgebühren. Jävenitz heißt der kleine Ort, wo wir unterkommen. Nach etwa sechs Kilometern entlang der Bundesstraße 188, deren Verkehr unseren Heimatort Burgdorf täglich mit Maut-prellenden LKWs und sonstigem Verkehr zustopft und verpestet, erreichen wir das Dorf und eine passable Unterkunft. Mit dem abendlichen Restaurantbesuch wird es allerdings nicht: In der Stadiongaststätte ist geschlossene Gesellschaft, und das Restaurant des Ortes hat „wegen Reichtums“ außer samstags schon ab 14.30 Uhr geschlossen. Leider ist erst Freitag. So stellen wir uns beim Türken an, der gerade frisch eröffnet und dementsprechenden Zuspruch hat. Nach einer Dreiviertelstunde bekommen wir, total ausgehungert, unsere riesigen Döner und schlingen sie hinein.

Gardelegen-Jävenitz-Genthin  
Ein schöner Samstagmorgen. Über die ursprünglich erhaltene Betonplattenstraße radeln wir aus der Wohnsiedlung zur B 188 und folgen dieser, zunächst noch auf dem Radweg, der aber bald endet, nach Osten. Hottendorf und Uchtspringe heißen die ersten Orte. In Börgitz biegen wir ab gen Volgfelde mit seiner schlichten Feldsteinkirche. Wir befinden uns auf dem Feldsteinkirchenradweg, der bald darauf vom Backsteinkirchenradweg abgelöst wird. Man tut was für den Radtourismus in dieser Region.

In Nahrstedt, das bereits zum Landkreis Stendal gehört, gibt es eine solche Backsteinkirche, aber auch eine Backsteinruine, vielleicht ehemals eine Fabrik? Hinter Möringen erreichen wir eine Straße, die entlang der Bahn ostwärts führt, auf unserer Karte aber noch nicht verzeichnet ist. Auf dem begleitenden Radweg nähern wir uns Stendal.

Stendal 
Nahe dem backsteinernen Stadttor Stendals, dem Tangermünder Tor, befindet sich eine architektonisch reizvolle Backstein-Fabrik. Wir radeln, uns links haltend, am Pulverturm vorbei zum Dom und erkunden im Sattel diese „Stadt der Backsteingotik“, die an der ICE-Strecke Berlin-Hannover liegt. Ratskirche und Rathaus und die Stadttore sind ebenfalls sehenswert. Das Uenglinger Tor war leider gerade wegen Renovierung verhüllt.

Während der Feldsteinunterbau des Pulverturms bereits im 13. Jh. entstand, wurde der Wehrturm in der Mitte des 15. Jh. errichtet - er war nur über die Stadtmauer zu erreichen. 1990/91 wurde der Turm rekonstruiert. Der Bau der Ratskirche wurde 1447 vollendet. Gemeinsam mit Rathaus und Roland beherrschen die 84 m hohen Türme das Bild des Marktplatzes. Wir betreten eine dreischiffige Hallenkirche mit Choreingang, die mit dem herrlichen Lettner die Priester nicht trennt, sondern in die Gemeinde einschließt. Neben dem prächtigen Hochaltar ist die astronomische Uhr sehenswert.  

Auch Stendal hat seinen Roland. Die Rolandfiguren, die überwiegend in Norddeutschland zu finden sind, symbolisieren mittelalterliche Stadtrechte und Freiheiten. Das gezogene Schwert ist Sinnbild der Gerichtsbarkeit. Nachdenkenswert ist, dass der Roland erst 1525 errichtet wurde, als Stendal alle Privilegien an die Landesfürsten verlor.
Der Stendaler Roland gehört zu den Riesen unter den Recken. Mit 5,41 m Körpergröße und einer Schwertlänge von 4,39 m hat er schon manchen Bürger in Schrecken versetzt, wenn er nach Mitternacht vom Sockel steigt und durch die Altstadt stapft. Die jetzige Figur ist eine Kopie aus dem Jahre 1974.

Von dem ursprünglichen Gründungsbau des Doms St. Nikolaus von 1188 sind heute nur noch die um 1200 errichteten unteren Geschosse der Turmfront erhalten. Die heutige Stiftskirche, die zwischen 1423 und 1463 entstand, ist eine dreischiffige Hallenkirche mit Querhaus. Der hohe Chor ist die Weiterführung des Mittelschiffes nach Osten. In seiner klaren Linienführung ist der Dom St. Nikolaus wohl die reifste Schöpfung der mittelalterlichen Architektur in Norddeutschland. Zu den Meisterwerken der Glasmalerei gehören seine Buntglasfenster. Am 8. April 1945 wurde der Dom von Bomben schwer getroffen, aber später wieder mit staatlichen Mitteln instandgesetzt. Die ausgelagerten Fenster konnten wieder eingesetzt werden. Gegenwärtig werden die 22 Fenster einer Reinigung und Sicherung unterzogen.
Info/Quelle Stendal: www.stendal.de

Nach Tangermünde 
Von Stendal rollen wir nun südostwärts, immer noch der B 188 folgend, gen Tangermünde. Um nicht auf der Bundesstraße radeln zu müssen, biegen wir ab nach Miltern mit seiner Feldsteinkirche und geraten auf einen falschen Weg. Weil der Kompass klemmte und die Beschilderung anscheinend verstellt oder fehlerhaft war, landen wir in Heeren, von es jedoch auf einer wenig befahrenen Straße schnell ins malerische Tangermünde geht. Die Stadtrundfahrt gestaltet sich angesichts des groben Kopfsteinpflasters holprig. Aber die herrliche Aussicht auf die Elbe und die schön hergerichteten Fachwerkhäuser sowie das Schloss entschädigen uns reichlich.

„Dort, wo der Tanger in die Elbe mündet, liegt Tangermünde - eine Stadt mit Geschichte und Geschichten, mit Türmen, Toren, Fachwerkhäusern und verwinkelten Gassen.“ So begrüßt die Stadt auf der Homepage den potentiellen Besucher.

Tangermünde kann auf eine fast 1000-jährige Geschichte zurückblicken. Backsteinbauten, eine fast geschlossene, teilweise gewaltige Stadtmauer mit wehrhaften Toren, die Burganlage und die Vielzahl der Fachwerkhäuser verleihen der Stadt  einen einzigartigen Charme. Doch nicht nur die steinernen Zeugen der Vergangenheit machen den Reiz der Stadt aus. Auch das vielfältige kulturelle und gastronomische Angebot, oftmals in historischem Ambiente, lassen den Aufenthalt in Tangermünde zu einem besonderen Erlebnis werden. Wer neben der Stadt das Umland und die Schönheiten der Natur kennen lernen möchte, findet hierzu Gelegenheit bei einer Wanderung oder einer Radtour durch die Elbtalauen, einer einzigartigen weiträumigen und stark vom Hochwasserrhytmus des Flusses beeinflussten Großlandschaft, die Lebensraum zahlreicher Pflanzen- und Tierarten ist.  
Quelle:
www.tangermuende.de/tangermuende.html 

Um in Tangermünde die Elbe zu überqueren, muss der Radler zunächst nordwärts entlang der viel befahrenen Straße Richtung Hämerten fahren, ehe es über die Brücke geht. Dort wehte uns ein frischer Südwind entgegen, der zwischen Kabelitz und Mangelsdorf die Fahrt erheblich hemmte. Danach ging es bis Melkow nordwärts besser, aber bis Genthin hatten wir fast nur Gegenwind. Über Briest und Großwulkow mit der 1172 urkundlich erwähnten und damit ältesten Backsteindorfkirche, ein romanischer Bau mit Westturm, Schiff, Chor und Apsis, rollten wir nach Kleinwulkow mit seinem „Solarfeld“ und erreichten bald am ehemaligen Bahnhof Scharteucke die B 107, auf deren begleitendem Radweg wir, nach Passieren der Gedenkstädte des Konzentrationslagers Ravensbrück, Außenstelle Genthin, bald den mächtigen, 1934/35 erbauten, 48 m hohen  Wasserturm erblickten, der über 232 Stufen bestiegen werden kann.

Dort links ab und hinter Peugeot wieder links ab, schon hatten wir unser Hotel mit dem schönen Namen Arkona erreicht, das direkt am 1743 bis 45 vom alten Fritz erbauten, 56 km langen Elbe-Havel-Kanal sehr ruhig gelegen ist. Genthin, die „Perle am Kanal“, gehört noch zu Sachsen-Anhalt. Die Stadt hat zwar eine gut ausgeschilderte Touristeninformation, aber dort fanden wir keinen Zimmernachweis, ebenso wenig am Bahnhof. Deshalb folgten wir einem von zwei Schildern, die auf eine Pension und ein Hotel hinwiesen, und fanden so schnell unser Quartier für die Nacht. Im Restaurant „Kroatien“ am Markt kann man gepflegt und zu zivilen Preisen speisen. Den Markt säumen das Rathaus (1898/99 erbaut), eine historische Persiluhr, das Bismark-Gymnasium und Ackerbückerhäuser. In der urigen, an alte DDR-Zeiten erinnernde „Kleinen Kneipe“ ein paar Straßen weiter gab es das Bier 0,3 Liter für einen Euro. Und einen „eingeborenen“ Wirt, mit dem sich gut über Gott und die Welt gut plaudern ließ.

Sehenswert ist auch das Henkel-Museum mit seiner Ausstellung über die Waschmittelgeschichte: Das im Jahre 1925 erbaute Badehaus im Genthiner Henkelwerk wurde umgebaut und beherbergt seit dem 29. Mai 1996 das Betriebsmuseum. Es zeigt einen Überblick über Waschgewohnheiten und Produktentwicklung in den vergangenen 75 Jahren. In Genthin liegt, direkt am Kanal, die Produktionsstätte der legendären Waschmittelmarken Henko, Spee, Imi, Ata und Persil.

Lobenswert: Nach einer Anfrage per E-Mail kam prompt ein dickes Informationspaket mit Gastgeberverzeichnis, Veranstaltungsübersicht und vielen interessanten Informationen über Genthin und das Jerichower Land.

Zimmernachweis: www.touristinfo-genthin.de

Genthin-Brandenburg

Durch Genthin (14.600 Einwohner) führt die längste deutsche Bundesstraße, die B 1, die lange bei Helmstedt am „antikapitalistischen Schutzwall“ endete. Wir verlassen die Stadt, indem wir vom Bahnhof entlang der Gleise ostwärts fahren und diese dann am Bahnübergang queren. Auf einer auch von LKWs frequentierten Straße radeln wir durch Waldgebiete nach Belicke, wo wir endlich nach links auf eine ruhigere Straße abbiegen können, auf der wir bald Kade im Jerichower Land erreichen, das zum Kreis Burg und damit noch zu Sachsen-Anhalt gehört. Im Zentrum von Kade befindet sich eine im 13. Jahrhundert erbaute, gut erhaltene Dorfkirche, die im romanischen Stil errichtet wurde. Im Dorfwettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden - Unser Dorf hat Zukunft" wurde Kade im Jahr 2000 nach 1996 zum zweiten mal mit einer Goldmedaille ausgezeichnet und zum schönsten Dorf im Jerichower Land gewählt. (Quelle: www.gemeinde-kade.de )

Hinter Kade kämpfen wir uns auf einem Sandweg entlang des Gollwitzer Berges gen Brandenburg. An der Landesgrenze beginnt ein frisch angelegter zweispuriger Betonweg, der sich ausgezeichnet befahren lässt. Von Gollwitz mit seiner knubbeligen Feldsteinkirche führen alle Wege nach Wusterwitz. Wir nehmen die Straße über Warchau mit seinem hölzernen Spritzenhaus  und erreichen bald dieses Städtchen und den Großen Wusterwitzer See. Ein netter Einheimischer bejaht unsere Frage, ob man denn am Seeufer entlang gen Kirchmöser fahren könne. „Da fahre ich auch immer lang“, sagt der freundliche Mann. Gesagt, getan. Nun beginnt das idyllischste Stück unserer Reise, die uns fast stets am Wasser entlang bis vor die Tore Brandenburgs führt. In Kirchmöser queren wir die Bahn und radeln direkt nach der Brücke neben Kopfsteinpflaster rechts zu den Gleisen hinab, von wo ein Asphaltweg zum Möserschen See führt.

Der Weg wird bald  schmaler und holpriger, ist schließlich sandig und verwurzelt. Nach der etwas beschwerlichen Strecke erreichen wir über Wilhelmsdorf die Havel, die bei Neuendorf in den Plauer See bzw. Breitlingsee mündet. An der Landspitze steht ein Leuchtfeuer auf einem kleinen, grünweiß gestrichenen Stahlgitterturm. Wir folgen dem Schild zur „Havelfähre“. Ein kräftiger Hammerschlag bringt die Signalglocke zum Tönen und den Fährmann dazu, den Motor der Havelfähre anzuwerfen. Für 1,70 Euro pro Person plus Fahrrad. Die Fähre, Baujahr 1941, bietet sogar drei PKWs Platz und arbeitet mit Grundseilantrieb. (Quelle: www.fjordfaehren.de).

Von nun geht es nur noch „geradeaus“ nordostwärts durch Brandenburg, auf der Neuendorfer Straße vorbei an der Nikolaikirche, einer lange stillgelegten Brauerei, an Tortürmen und an einer kleinen Kapelle. Bei dieser Jacobskapelle handelt sich um einen einschiffigen, spätgotische Backsteinbau von 1320. Die Kirche gehörte dem vor der Stadt gelegenen St. Jacobshospital. Bekannt wurde das Bauwerk unter dem Namen „Verrückte Kapelle“. Durch das Verbreitern der vorbeiführenden Jacobstraße 1892 wurde die Kapelle um 11 m nach Westen zurückgesetzt.

Auf einem russischen Friedhof wurde gerade an diesem 8. Mai 2005, dem 60. Jahrestag des Kriegsendes, eine besondere Feier abgehalten wurde.

Zwischendurch gab es an der Neustädtischen Fischerstraße, gegenüber dem Anleger für Ausflugsschiffe, eine kleiner Rast in einer wie eine Fischerstube eingerichteten kleinen Gaststätte. Über die Brücke des Mühlendamms radelten wir anschließend zum Dom.

Es ist wegen der vielen Brücken und Wasserläufe nicht ganz leicht, sich in Brandenburg zu orientieren. Ein Kompass und eine Stadtkarte leisteten uns gute Dienste.

Brandenburg

Brandenburg an der Havel hat rund 75.000 Einwohner und viele leerstehende Wohnungen (1988 waren es noch 100.000 Einwohner) und liegt an der Eisenbahnhauptlinie Berlin-Magdeburg-Hannover. Im Halbstunden-Takt erreicht man mit dem Regionalexpress R1 vom Hauptbahnhof in rund 40 Minuten das Zentrum von Berlin. Eine Eisenbahnnebenlinie verbindet die Havelstadt mit Rathenow.

Die Havel durchfließt als Bundeswasserstraße die Stadt. Über den Silokanal und die weit verzweigten Arme der Niederen Havel werden die zahlreichen Seen miteinander verbunden, so dass eine einmalige Fluss- und Seenlandschaft entsteht, die als Wassersportrevier „Brandenburger Havelseen“ immer mehr an Bedeutung gewinnt. Übrigens: Auf Grund des Wasserreichtums prägen 51 Brücken das Bild der Havelstadt.

Auf dem ehemaligen militärisch genutzten Flugplatz in Brandenburg-Briest starten und landen heute kleinere Privat- und Firmenflugzeuge.

Radwanderer finden in Brandenburg an der Havel ein Netz von Radwegen mit einer Gesamtlänge von 100 km vor.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Brandenburg an der Havel zu entdecken. Ob beim Rundgang durch die drei mittelalterlichen Stadtkerne oder bei einer Erkundungstour per Schiff: Immer wird der Besucher an Zeugnissen aus über 1.000 Jahren Stadtgeschichte vorbei kommen. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten, wie der Brandenburger Dom, die großen Kirchen St. Katharinen, St. Gotthardt und St. Nikolai, das Altstädtische Rathaus mit dem Roland oder die vier Tortürme und Fragmente der Stadtmauern, prägen zusammen mit den vielen liebevoll sanierten Häusern in den historischen Straßen und Gassen, mit den weitläufigen Parks und Grünanlagen sowie den verschlungenen Flussarmen und ausgedehnten Seen das besondere Flair von Brandenburg an der Havel.

Im Mittelalter bestand Brandenburg übrigens aus drei historischen Teilen. Neben der Alten und der Neuen Stadt Brandenburg gab es auf der Dominsel den Dombezirk. Am 27. Mai 1715 vereinigte der preußische König Friedrich Wilhelm I. die beiden Städte Brandenburg. Die Dominsel blieb noch bis 1929 eigenständig.

Das Altstädtische Rathaus gilt als ein herausragendes Beispiel gotischer Backsteinbaukunst.

In der Mitte des 15. Jahrhunderts entstanden zuerst die Rats- und Schreibstuben. Später, zwischen 1470 und 1480 wurden das Hauptgebäude mit dem Turm errichtet. Bis zur Vereinigung der beiden Brandenburger Städte 1715 war somit das Rathaus der administrative Mittelpunkt der Altstadt. Danach verlor es als Verwaltungssitz seine Aufgabe und damit an Bedeutung. In der weiteren wechselvollen Geschichte wurden die Räume des Rathauses als Barchentfabrik (bis 1803), als Warenlager, Kaufhalle und Kornmagazin (bis 1819) genutzt.

Der Brandenburger Roland ist ein Symbol und stand als Zeichen mittelalterlicher Rechtsordnung. Der aus Sandstein 1474 jünglingshaft gestaltete 5,35 m hohe Roland gehört zu den schönsten Figuren dieser Art im norddeutschen Raum.

Auffallend das Standbild des Roland mit seiner Plattenrüstung, das Schwert mit der Rechten senkrecht in die Höhe, die Linke am Dolch, in einer Mulde auf dem Kopf das Büschel Donnerbart. Der Legende nach soll die Pflanze den Roland vor Blitzschlag schützen.

Quelle: www.stadt-brandenburg.de; Sehenswertes unter www.stadt-brandenburg.de/


Türme

Steintorturm: Der 28,5 m hohe Steintorturm in der Neustadt, in der Nähe der Stadtschleuse gilt mit seinem kegelförmigen Helm sowie dem aufgesetzten Zinnenkranz als der größte und mächtigste der Brandenburger Tortürme. Er war Teil der mittelalterlichen Wehranlage der Stadt. Der Durchmesser beträgt elf Meter und die untere Mauerstärke 3,5 m, was den Wehrcharakter des Turmes verdeutlicht. Die Treppen innerhalb des viergeschossigen Turmes sind in die Mauern eingelassen. Erbaut wurde der Turm voraussichtlich Anfang des 15. Jahrhunderts. Die erste Erwähnung ist auf 1433 datiert. 1886 erhielt der Historische Verein bis 1923 das Recht, den Steintorturm für seine Sammlungen zu nutzen. Heute dienen die Räumlichkeiten des Turmes als zusätzliche Ausstellungsstätte des Museums "Im Freyhaus".

Plauer Torturm: Aus den historischen Quellen über die Geschichte des Plauer Torturmes lassen sich nur wenige Informationen erlesen. Das genaue Baujahr des Turmes ist nicht überliefert. Seine Bauzeit liegt voraussichtlich im 15. Jahrhundert. Seit langer Zeit stand der Plauer Torturm als ein 17 m hoher runder Stumpf.

Das obere Fachwerkgeschoss mit einem Kegeldach sind nicht erhalten geblieben. 1928/29 erhielt der Turm aus Anlass der Jahrtausendfeier sein jetziges Aussehen mit Zinnenkranz und dem kegelförmigen Helm.

Mühlentorturm: Durch eine Tafel am Mühlentorturm ist das Baujahr 1411 überliefert. Als Baumeister wird der Stettiner Nikolaus Kraft genannt.

Neben der äußeren achteckigen Form des Backsteinbaus, einschließlich des Helmkegels, unterscheidet sich das 24 m hohe viergeschossige Bauwerk durch die kirchenfensterähnlichen Mauerwerkblenden auffallend von den anderen Tortürmen.

Wie bei fast allen anderen Tortürmen diente der untere Teil des Turmes als Gefängnis. Der Zugang erfolgte im Mittelalter vom Wehrgang über das Obergeschoss in das Innere des Turmes. Durch das rechts vom Turm gelegene Mühlentor führte bis 1804 die Handelsstraße nach Berlin.

www.stadt-brandenburg.de/


Nach Berlin

Da uns von Einheimischen dringend von unbefestigten Straßen abgeraten wurde, weil der Sand der Mark Brandenburg das Radeln sehr beschwerlich macht, folgen wir schweren Herzens dem Verlauf der Bundesstraße 1 und radelten bis Werder auf dem Radweg neben der B1, was sich halbwegs ertragen lässt. Umso schöner ist dann die Strecke danach. In Werder, wo natürlich erst eine kleine Stadtrundfahrt auf der Insel absolviert wird, halten wir uns nordwärts und überqueren neben der Eisenbahn den Großen Zernsee. In Wildpark West bestehen gute Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten. Von Wildpark West radelt man dann südwärts immer am Wasser entlang, vorbei an Geltow, dem Franzensberg und einem Olympiastützpunkt, bis Potsdam. Dort sollte jeder sich anhand eines Stadtplans die interessantesten Sehenswürdigkeiten herauspicken und diese abradeln - wobei Sanssouci und das Holländische Viertel, aber auch die Russische Kolonie mit der Kapelle zum  Pflichtprogramm gehören. Auf dem Weg nach Babelsberg passieren wir das Filmmuseum, das ebenfalls einen Besuch lohnt.

Über Babelsberg erreichen wir die Glienicker Brücke. Von hier lohnt ein kurzer Abstecher nach Cecilienhof („Potsdamer Abkommen, 1945“). Hinter der Brücke biegen wir rechts ab und radeln am Griebnitzsee entlang nach Kohlhaasenbrück, folgen anschließend dem Königsweg durch den Wald bis Dreilinden und erreichen bald Wannsee, Nikolassee und Zehlendorf. Hier gibt es verschiedene Möglichkeit, sich nach Berlin „durchzuschlagen“. Die Radwanderkarte Berlin sei hier wärmstens empfohlen. Sehr schön ist der weg durch den Grunewald und entlang der Havel bis hinein nach Charlottenburg. Von dort folgt man der Kompassnadel ostwärts und sieht bald die Siegessäule und den Reichstag. Bis zum Amtssitz des Bundeskanzlers sind es dann nur noch ein paar Minuten.

Rückfahrt per IC (nicht mal zwei Stunden) oder mit Sonntagsticket (mindestens 4 Stunden 11 Minuten).

Wer in Berlin noch ein paar Tage Zeit hat, der sollte gleich den Mauerradweg erfahren, eine Rundreise durch deutsche Grenzgeschichte(n). Insgesamt ist es sehr spannend, Städte mit dem Rad zu erkunden. So kann man eine Tour durch die Innenstadt auch in einer so großen und vielseitigen Stadt wie Berlin an einem Tag abschließen und umfassende Eindrücke sammeln.

Etappen ca.  

Hannover-Burgdorf 25 km
Burgdorf-Hankensbüttel 89 km
Hankensbüttel-Gardelegen 85 km
Gardelegen-Genthin 91 km
Genthin-Brandenburg 49 km
Brandenburg-Wildpark 40 km
Wildpark-Potsdam-Berlin 56 km

Lesertipp von Hans-Jürgen Lau (Wedemark): Tausend Dank für Ihren interessanten Reisebericht. Für Interessenten: Es besteht die Möglichkeit, von Uchtspringe (Bahnhof) bis Stendal-Süd neben der neuen ICE-Trasse (Hannover-Berlin) zu radeln. Die ersten Kilometer sind gut befahrbare Schotterpisten, dann sehr gut ausgebaute, geteerte, breite Wirtschaftswege für "Kilometerfresser". (9/2005)

Radwanderführer - Havelland und Magdeburger Börde

     

Die DVD zur Tour

 


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Mühlenmuseum Gifhorn

Jugendherberge Hankensbüttel

Gasthof Döring in Hankensbüttel

Diesdorfs Marktplatz (Altmark)

Geschlossen: Volkshaus in Gardelegen, vor der Wende so ziemlich die einzige "Kneipe" in der Gegend

Einfahrt durch das Stadttor von Gardelegen

Salzwedeler Tormühle

Otto Reutter in Gardelegen

Der Roland von Gardelegen

Noch ist nicht allles restauriert, aber 
Gardelegen lohnt dennoch einen Besuch.

Volgfelde: Kirche zwischen Backstein- und Feldsteinkirchenradweg.

Natur und Technik kurz vor Stendal

Tangermünder Tor in Stendal

Dom St. Nikolaus in Stendal

Blick über die Elbe auf Tangermünde

Das Schloss in Tangermünde ist wirklich sehenswert- nicht zuletzt wegen des schönen Elbblicks.

Genthins zentraler Platz mit der Stadtkirche St. Trinitatis II, einer dreischiffige Hallenkirche (1707-1722).

Markant: der Genthiner Wasserturm

Am Großen Wusterwitzer See

Leuchtfeuer an der Havel

Havelfähre zwischen Wilhelmsdorf und Neuendorf

Altstädter Rathaus in Brandenburg mit Roland

Der Brandenburger Dom

 Sowjetischer Friedhof

Hauptpegel in Brandenburg

Brandenburg ist eine Stadt der Türme

Die "Verrückte Kapelle" in Brandenburg

Übernachtungen auf dieser Tour

Hankensbüttel JH 

Gardelegen - Wikipedia
Genthin: www.touristinfo-genthin.de
Brandenburg  www.stadt-brandenburg.de  



Bockwindmühle in Werder.



Potsdam: Bauwerk anstelle des Kirchturmes der zerstörten Heiliggeistkirche.

Filmmuseum Potsdam.

Babelsberg.